Das Geschehen am Karfreitag
Als nun die Kriegsknechte Jesus gekreuzigt hatten, nahmen sie seine Kleider und machten vier Teile, für jeden Kriegsknecht einen Teil, und dazu das Untergewand. Das Untergewand aber war ohne Naht, von oben bis unten in einem Stück gewoben. Da sprachen sie zueinander: Lasst uns das nicht zertrennen, sondern darum losen, wem es gehören soll! — damit die Schrift erfüllt würde, die spricht: »Sie haben meine Kleider unter sich geteilt und über mein Gewand das Los geworfen«. Dies nun taten die Kriegsknechte.
Heute ist Karfreitag, der Tag der Kreuzigung Jesu. Als ich vor ein paar Tagen die Geschehnisse der Kreuzigung gelesen habe, hat mich die Stelle nicht mehr losgelassen. Als ich mir die Augenzeugenberichte der Kreuzigung durchlas, fiel mir nur ein Wort zur Beschreibung des Ganzen ein: bizarr. Es ist eine üble Hinrichtung, eine der Menschenunwürdigsten Arten noch dazu und anstatt das Ganze abstoßend zu finden, scheint es ein großes Live-Event ähnlich eines Zirkus für die Anwesenden zu sein. Und wenn das nicht schon bizarr genug ist, spielen sich auf den Nebenschauplätzen der Kreuzigung einfach absonderliche Dinge ab.
Auf der einen Seite haben wir dort die Juden, die sich mit Pilatus über die Inschrift des Kreuzes streiten und dann haben wir dort die Kriegsknechte, die nach getaner Arbeit über die Hinterlassenschaft eines Sterbenen feilschen. Beide Geschehnisse scheinen nicht ins Geschehen des Ganzen zu passen und dennoch sind sie so passiert. Und so kann man sich fragen, wieso wurden uns diese scheinbaren Nebensächlichkeiten berichtet?
Ich habe viel darüber nachgedacht und überlegt welche Rolle ich in der Handlung einnehmen würde. Und wie gerne wäre ich eine von den Frauen, die Jesus nachgefolgt sind und nun in seiner schwersten Stunde an seiner Seite stehen. Aber wenn ich ehrlich mit mir bin, dann würde mein tägliches Verhalten nicht dazu passen. Vermutlich wäre ich auch nicht jemand gewesen der über die Inschrift diskutiert hätte, dafür würde mir der Mut fehlen. Ich wäre vermutlich einer der Kriegsknechte gewesen. Vielleicht fragst du dich jetzt wieso. Lass es mich erklären. Überspitzt könnte man sagen, dass die Knechte nur ihren Job getan haben. Das Wort Knecht deutet schon an, das es kein guter Job gewesen ist. Und ich bin mir nicht sicher ob ich wirklich jemanden kreuzigen könnte. Aber es ist ihr Verhalten, welches meinem doch so häufig ähnelt. Sie haben ihr Auftrag einfach erfüllt und haben nicht den Mumm gehabt, den Mund zu öffnen. Vermutlich war es auch nicht ihr erstes Mal, dass sie jemanden bestialisch umbringen mussten. Und ich kann mir gut vorstellen, dass die Knechte sich ihren Teil gedacht haben und falls sie noch nicht komplett abgehärtet waren, dann ist in der Situation bestimmt ein Teil ihrer Menschlichkeit gestorben. Kurz gesagt, es war eine traumatische Erfahrung und um mit dem Schmerz und der Grausamkeit umgehen zu können, versuchen sie das Beste draus zu machen, indem sie die Kleider aufteilen. Die Kleider sind sozusagen der Extralohn für das Durchgemachte. Und genau dieses Verhalten entspricht häufig dem Meinen. In meinem Leben habe ich mir so einige Bewältigungsstratiegien einfallen lassen um mit dem Schmerz in mir umzugehen. In unserer Zeit gibt es so viele gesellschaftlich anerkannte Strategien mit denen wir unseren Schmerz betäuben können. Vielleicht denkst du nun sofort an Drogen- oder Alkoholkonsum, aber es gibt noch viel normalere Dinge. Denn im Prinzip kann fast alles, was wir (exzessiv) tun um den Schmerz in uns nicht fühlen zu müssen, ein solcher Mechanismus sein.
Weißt du was das Traurigste an der Geschichte mit den Kriegsknechten ist? Es ist der Punkt das genau in diesem Moment das Wundervollste in der Weltgeschichte passiert. An diesem Kreuz, starb nicht nur ein unschuldiger Mann. Jesus ging bewusst ans Kreuz um uns einen Ausweg aus unserem Schmerz, unserer Scham und unserer Schuld zu geben. Ich kann mir vorstellen, dass Jesus das Verhalten der Knechte genau beobachtet hat und sich dachte genau für diese Menschen tue ich das hier. Ich sterbe damit sie leben können und zwar frei von Schuld, Schmerz und Scham.
Vielleicht sind auch dir nun Situationen bewusst geworden in denen du zu Strategien greifst, die eigentlich nicht helfen sondern nur betäuben. Dann nimm dir einen Augenblick und bring Jesus deinen Schmerz und deine Scham. Vielleicht denkst du nun: “Das geht nicht, mein Verhalten ist unverzeihlich.” Solche Gedanken kann ich gut nachvollziehen, aber ich habe gelernt das diese Art von Gedanken eine Lüge ist:
Denn Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt, damit er die Welt richte, sondern damit die Welt durch ihn gerettet werde. (Johannes 3,17)
Jesus ist nicht ans Kreuz gegangen um dich zu verurteilen, sondern um dich zu retten. Nimm dieses Geschenk der Rettung an und bring Jesus deinen ganzen Ballast und empfange im Gegenzug das was du wirklich brauchst – Erlösung, Gnade und Liebe.
